4. Juni 2018 von Christine Hassler

 

Standing Ovations und begeisterten Jubel in einem nahezu ausverkauften Saal ernteten die vielen großen Musical-Stars im Erfolgsmusical Ludwig² im Schauspielhaus Füssen am vergangenen Donnerstag, neben vielen kleineren und auch sehr kleinen Stars: Wie etwa der 10-jährige Noah von Rom, der neben Daniel Mladenov und Pia Weihrater – allesamt aus Memmingen – für dieses märchenhafte und doch einem Teil unserer Geschichte sehr nahen Musical auserwählt wurde.

In diesem Jahr sind gleich drei Memminger Talente beim mitreißenden Musical Ludwig² mit am Start: Noah von Rom in der tragenden Rolle als der junge Ludwig, Daniel Mladenov und Pia Weihrather. Am vergangenen Donnerstag begleitete ich sie zu ihrer Nachmittagsvorstellung im Schauspielhaus Füssen, um sie in der Show hautnah mitzuerleben, auch in der Annahme, dass die Nachmittagsvorstellung weniger Andrang haben wird, doch weit gefehlt:

 

Die Faszination über das Leben und das Mysterium um den Tod des bayerischen Märchenkönigs Ludwig II. scheint ungebrochen. Ob es das noble Ringen des erwachsenen Königs um eine Welt voller Frieden und Poesie in einer von Kriegen und Konflikten dominierten Zeit ist, oder ob es das Verständnis für seine Flucht vor den Sachzwängen der Politik und den Machenschaften der Lobbyisten in die romantische Märchenwelt seiner Schlösser ist, oder sein Ringen um eine an Schönheit, Kunst und der Natur orientierten Gesellschaft entgegen einer kalten und berechnenden Realität ist, oder ein stückweit Identifikation mit einem Teil unserer Geschichte – es scheint, dass die Geschichte um König Ludwig von Bayern Menschen weit über Bayern, weit über Deutschland hinaus, in seinen Bann zieht.

Doch der ungebrochene Erfolg des Musicals Ludwig² im Festspielhaus in Füssen basiert nicht allein darauf:

Eingebettet in eine wunderschöne Naturkulisse, auf einer der größten und technisch ausgefeiltesten Bühnen Europas, der Bühne eines der schönsten Theater Deutschlands, besticht das Musical durch atemberaubende Bilder, visuelle Effekte, berührende Musik und nicht zuletzt durch herausragende Sänger und Musical-Darsteller.

Die Besetzung in diesem Jahr scheint dabei besonders erlesen:

Musical-Größen wie Jan Ammann, der zu den bekanntesten Musicaldarstellern überhaupt zählt und gleich zweimal mit dem begehrten „Da Capo Musical Award“ ausgezeichnet wurde, überzeugt – im Wechsel mit Matthias Stockinger – mitreißend in der Rolle des erwachsenen König Ludwig.

Anna Hofbauer, die mittlerweile Hauptrollen in Musicals bundesweit ausfüllt und unlängst Siegerin der RTL-Tanzshow Steppin Out wurde, bezaubert als Kaiserin Elisabeth.

 

Die in Amsterdam geborene Pia Douwes, ebenfalls ein großer Name in der Musical Welt, verkörpert das Kindermädchen Sybille Meilhaus, wenn nicht die geborene Australierin Suzan Zeichner in die Rolle der Vertrauten des jungen Prinzen Ludwig schlüpft, die heute eine der bekanntesten Hauptdarstellerinnen der Musical-Metropole Wien ist.

Uwe Kröger, der seit seinem Durchbruch 1992 als der Tod in der Welturaufführung Elisabeth, dutzende Hauptrollen in ebenso vielen Musicals ausfüllte, stellt hier die dem musischen König zugeneigte Person des Dr. Gudden, der sich am Ende jedoch bestechen lässt.

Alexander Kerbst als Freiherr von Lutz, alternativ als Dr. Gudden, singt, spielt, tanzt und führt Regie, Kevin Tarte, den man seit nun mehr als 25 Jahren in großen Musicalproduktionen in den DACH Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz) bewundern kann, spielt hier den Schattenmann.

Und wenn nicht er, dann schlüpft Dennis Henschel in die Rolle des Schattenmannes mit einem Lied mit Gänsehautfaktor und gleichzeitig überzeugend in die des Max von Bayern, Ludwigs Vater. Viel Erfahrung in zahlreichen Hauptrollen von weltberühmten Musicals bringt auch er mit auf die Bühne.

So auch Stefanie Kock, die zunächst als Sängerin und Schauspielerin von Klaus Maria Brandauer und Samy Molcho in Wien ausgebildet wurde… die Liste an famosen Namen aus der Welt der Musicals scheint endlos und wer weiß – vielleicht schaffen es unsere drei Sänger aus Memmingen einmal zu gleichem Ruhm:

 

„Jan Ammann ist mein großes Vorbild“, gestand der 10-jährige Noah von Rom aus Memmingen, der das Bernhard-Strigel-Gymnasium besucht und an diesem Tag neben seinem großen Idol als junger Prinz Ludwig auf der enormen Bühne stand.

Als er sich am selben Tag ein Herz fasste und Jan Ammann gestand, dass er ein großer Fan von ihm sei, habe Jan Amman geantwortet, auch er sei ein großer Fan von Noah, erzählte Noah nach der Vorstellung lachend und überglücklich.

Überhaupt seien alle Darsteller, ob in Haupt- oder Nebenrollen „richtig nett und witzig“ schwärmte der kleine Star, der wie alle anderen Kinder hinter der Bühne von einer Kinderbetreuerin begleitet wird – von der Garderobe zur Probenbühne, zur Maskenbildnerin und zuletzt bis zum Vorhang kurz vor seinen Einsätzen, wovon der erste gleich in der ersten Szene erfolgt.

Noah ist einer von insgesamt acht Darstellern, die abwechselnd an verschiedenen Aufführungen die Rolle des jungen Ludwigs spielen, klärte mich der aufgeweckte 10-jährige auf, der mit dem Show-Ensemble Joy of Voice schon über viel Bühnenerfahrung verfügt und in seinem zarten Alter auf der Bühne bereits wie ein alter Hase wirkt.

 

Sogar, als ausgerechnet bei seinem ersten Einsatz an diesem Tag sein Head-Set ausfiel und ihm schnell ein Mikrofon untergeschoben wurde: Vollkommen souverän überspielte er das kleine Malheur, nahm das Mikro und sprach flüssig und deutlich ins Mikrofon weiter, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt.

„Vor der Premiere war ich schon aufgeregt, aber jetzt ist es vor jeder Vorführung nur noch eine Grund-Aufregung“, so Noah vor der Show in aufgeräumter Manier.

Daniel Mladenov, den viele Memminger sicher vor allem von anspruchsvollen Solo-Parts in zahlreichen Auftritten von Joy of Voice kennen, wie etwa beim Sommernachtszauber im Stadtpark Neue Welt oder dem Weihnachtszauber oder einer der vielen weiteren Vorstellungen, die das Memminger Show-Ensemble in der Region anbietet, studierte für Ludwig ² zwei Rollen ein:

Meist spielt er Rettenberg, doch gelegentlich auch Graf Dürkheim. Nicht nur sind diese beiden zwei grundverschiedene Charaktere, die er beide beherrschen muss, auch sei es eine Konzentrationsübung, weil diese beiden Figuren teilweise gleichzeitig auf der Bühne stehen: „Da muss man sich völlig klar sein, wen man gerade spielt“, verdeutlichte mir Daniel vor der Aufführung.

Zudem musste alles sehr schnell gehen: Nur zweieinhalb Wochen vor der Premiere konnte er mit den Proben beginnen. „Ein Freund hatte mich gefragt, ob ich mich nicht zum Casting anmelden möchte. Ich dachte sowieso, dass es wegen meiner Arbeit nicht möglich sein wird, trotzdem habe ich mich einfach einmal zum Casting angemeldet. 

Als ich dann genommen wurde, hat trotzdem alles wunderbar funktioniert und ich habe für alle Shows freibekommen“, erinnerte sich Daniel, der vor 10 Jahren mit dem Gesangunterricht bei Angelika Maier begann und vier Jahre später bereits im größten Musicalwettbewerb des deutschsprachigen Raumes in Berlin ins Finale kam.

Ein Fremder ist er jedoch auch im Festspielhaus Füssen nicht mehr: Seit 2010 übernahm Daniel bereits mehrmals Rollen – auch Hauptrollen – in diversen Musical-Revuen und Musical Compilation Shows im Füssener Festspielhaus.

 

Begeistert vom gesamten Team zeigte sich auch er: Alle, einschließlich der Stars des Musicals seien sehr sympathisch, sehr aufnehmend, keine Spur von Arroganz, sondern vielmehr freuen sie sich mit jedem Neuling, der Premiere hat: „Du schaffts das!“, motivieren sie die, die sehr aufgeregt sind, unterstützen und geben Tipps.

Pia Weihrather, die ebenfalls eine Rolle bei Ludwig² erhielt, war an diesem Tag leider nicht eingeteilt, deshalb gab es mit ihr ein kleines Vorab-Interview.

 

Beim Casting im Februar war Pia erkältet, erzählte sie mir, deshalb dachte sie, dass es wohl nichts werden wird, doch wer sie einmal gehört hat, weiß, welche Kraft und Intensität sie mitbringt.

Sie sang ihr Lieblingslied aus dem Musical „Die Päpstin“ beim Casting – vier Wochen später erhielt sie die Zusage, im Chor des Musicals zu singen. Nun singt Pia alle Chorlieder, tanzt und ist Teil szenischer Darstellungen, zu denen sie sich auch überzeugend in verschiedene Männerrollen verwandeln muss.

 

Entdeckt hat die heute 16-jährige Schülerin am Marianum Buxheim einst der Dorfpfarrer in Fellheim: Bei den Ministranten fiel ihm die Stimme Pias im Chor auf und ermunterte sie, sie weiter zu formen. So kam sie ebenfalls durch ihren Pfarrer erst zu einer Band in Fellheim, später begann sie, ihre Stimme und ihre darstellerischen Fähigkeiten bei Angelika Maier auszubilden.

Ihr Traum ist es, Musical-Darstellerin zu werden. Erste Gelegenheit dazu bekam sie bereits 2017, als sie in München Teil des Musicals Evita wurde und nun in Ludwig² weitere Erfahrungen auf Profi-Ebene sammeln kann.

 

Dass sie das Talent dazu mitbringt, wurde ihr von einem der Stars von Ludwig² unaufgefordert bestätigt: „Du fällst auf“, sagte der Träger einer Hauptrolle zu ihr. Als sie den Star fragend ansah, nicht sicher, ob das positiv oder negativ gemeint war, fügte er hinzu „das ist positiv gemeint“.

 

Das Musical Ludwig² bewegt, begeistert und berührt, hinter, wie auch auf der Bühne. Zur Faszination an der Person des bayerischen Königs, der zeitlosen Menschlichkeit seiner inneren Tumulte und äußeren Konflikte, dem fantastischen Spielort, traumhaften Szenenbildern, wunderbaren Darstellern in schönen Kostümen, setzen letztlich auch die gefühlvollen Musiktitel wie „Kalte Sterne“, „Rosenkavaliere“ oder „In Palästen geboren“ und eindrücklichen Poesien in Liedern wie „Es ist bei Hof nicht Mode“ oder „So kalt mein Herz“ das i-Tüpfelchen auf ein gefeiertes Musical.

 

Mit Standing Ovations im nahezu ausverkauften Haus an diesem Nachmittag dankten die begeisterten Zuschauer den Stars und Sternchen des Musicals um einen König, der uns merkwürdig nahe zu sein scheint.